Tränende Augen bei Haustieren – mehr als nur ein Schönheitsfehler?
Fast jeder Tierbesitzer kennt es: Der geliebte Vierbeiner hat ständig nasse Augen, oft begleitet von unschönen braunen Streifen im Fell – besonders auffällig bei weißen Tieren. Was auf den ersten Blick harmlos wirkt, kann in Wirklichkeit ein Hinweis auf ein tieferliegendes medizinisches Problem sein. In diesem Artikel beleuchtet Tierarzt Henning Wilts die Ursachen, Hintergründe und sinnvollen Maßnahmen bei tränenden Augen bei Hund und Katze. Ursache ist häufig eine Störung im Tränennasenkanal.
Was ist der Tränennasenkanal und warum ist er so wichtig?
Im Zentrum der Problematik steht der sogenannte Tränennasenkanal. Dieser kleine, aber entscheidende Verbindungskanal sorgt normalerweise dafür, dass Tränenflüssigkeit vom Auge in die Nasenhöhle abgeleitet wird. Bei Hunden und Katzen verläuft dieser Kanal wie ein Y-förmiges Röhrensystem durch den Schädelknochen. Wird dieser Kanal blockiert – sei es durch Verengungen, Vernarbungen oder anatomische Fehlstellungen – kann die Tränenflüssigkeit nicht mehr richtig abfließen. Die Folge: Tränenspuren, Reizungen und in manchen Fällen sogar Entzündungen.
Überzüchtung als Ursache – wenn Schönheit krank mach
Besonders häufig betroffen sind überzüchtete Rassen mit kurzer Schnauze und flachem Gesicht, sogenannte brachyzephale Rassen. Dazu gehören unter anderem:
- Perserkatzen
- Mops
- Bichon Frisé
Diese Tiere haben oft von Geburt an anatomisch verengte oder abgeknickte Tränen-Nasen-Kanäle. Selbst eine frühere Augenentzündung im Welpenalter kann ausreichen, um dauerhafte Verstopfungen oder Vernarbungen zu verursachen.

Braune Fellverfärbungen – was steckt dahinter? Der Tränennasenkanal
Die typischen braunen Streifen im Gesicht weißer Tiere entstehen durch die ständige Feuchtigkeit unter den Augen. Diese Feuchtigkeit ist ein idealer Nährboden für bestimmte Bakterien, die den Haarfarbstoff verändern. Besonders bei Tieren mit wenig Pigment, wie Albinos oder sehr hellen Rassen, fällt das schnell auf. Diese Verfärbungen sind kosmetisch störend, aber oft auch ein Hinweis auf eine chronische Reizung oder Infektion.
Behandlungsmöglichkeiten bei Problemen mit dem Tränennasenkanal – was hilft wirklich?
Eine effektive Methode ist das Spülen des Tränen-Nasen-Kanals unter leichter Sedierung. Mit einer speziellen, stumpfen Kanüle und Kochsalzlösung wird versucht, den Kanal wieder durchlässig zu machen. In vielen Fällen funktioniert das gut, jedoch kann der Effekt nur temporär sein – der Kanal kann sich wieder verschließen.
Zur unterstützenden Pflege empfiehlt Tierarzt Henning Wilts:
- Augentropfen-Therapie nach dem Spülen
- Tägliche Reinigung mit speziellen Augentüchern oder Reinigungspads
- Keine Kamille! Trotz ihrer entzündungshemmenden Wirkung trocknet Kamille die Augen stark aus und kann vorhandene Probleme verschlimmern.

Rassesensibel entscheiden – Verantwortung beim Tierkauf
Nicht jede Rasse ist für jede Lebenssituation geeignet – und schon gar nicht jede Rasse ist gesundheitlich unproblematisch. Wer sich für ein Haustier entscheidet, sollte auch mögliche rassespezifische Probleme wie tränende Augen bedenken. Hier gilt: Vorbeugen ist besser als aufwendig therapieren.
Fazit – Gut informiert, besser betreut
Tränende Augen bei Hund und Katze sind kein kosmetisches Problem, sondern ein oft unterschätztes Symptom mit medizinischem Hintergrund. Mit der richtigen Diagnostik, professioneller Behandlung und konsequenter Pflege können betroffene Tiere jedoch gut unterstützt werden. Und: Ein kritischer Blick bei der Rassewahl kann viele Probleme von Anfang an vermeiden.
Ergänzende Tipps & Checkliste zur Pflege tränender Augen
Tägliche Pflege:
- Weiches, fusselfreies Tuch oder Reinigungspads verwenden
- Spezielle Augentücher für Tiere bevorzugen
- Immer von innen nach außen wischen
Was vermieden werden sollte:
- Kamillentee oder andere Hausmittel
- Reibende Bewegungen
- Feuchtes Fell nicht trocknen zu lassen